Wunder aus Trümmern
Soziale Faktoren - Herausforderungen im Wirtschaftswunder
„Erst später habe ich erfahren, dass man bei der Arbeit lachen kann“
Werner Schulte
„Lehrjahre sind keine Herrenjahre“ ist ein noch heute bekannter Spruch, den auch viele Zeitzeuginnen und Zeitzeugen erinnern, wenn sie an die 1950er/1960er Jahre in Wesel zurückdenken.
In den ersten Nachkriegsjahren machte nicht nur die extreme Wohnungsnot den Weseler Einwohnern zu schaffen. Es herrschte auch ein Mangel an Arbeits- und Ausbildungsplätzen. Firmen mussten erst wieder neu angesiedelt, Geschäfte erst wieder neu aufgebaut werden.
Es war daher für Frauen wie Männer ein großes Glück, eine entsprechende Stelle zu finden. Das eigene Leben und oft auch das Leben nichtverdienstfähiger Angehöriger galt es zu finanzieren. Nicht selten musste der Verlust der gesamten bisherigen Existenz ausgeglichen werden.
Patriarchalische Strukturen beherrschten die Gesellschaft. Viele Männer waren durch den Krieg verroht, traumatisiert oder fühlten sich durch den Verlust von Existenzgrundlagen in ihrem Selbstverständnis bedroht, alles mit den entsprechenden Folgen.
Bei der damals auch während der Ausbildung typischen 48-Stunden Woche war die Zeit, in der man gegebenenfalls herrischen Lehrherrinnen oder Lehrherren ausgeliefert war, umso länger.
Oft bestimmten der Vater, die familiären Beziehungen oder das naheliegendste Angebot, welche beruflichen Weg Tochter oder Sohn beschritten. Eigene Vorstellungen oder Wünsche blieben überwiegend unberücksichtigt.
Vom Ausbildungsentgelt – oft nur 25 Mark im Monat – musste fast immer zu Hause Kostgeld abgegeben werden. Wohlstand, Selbstverwirklichung und Konsumgüter standen breiteren Bevölkerungsschichten auch in Wesel erst ab den 1960er Jahren zur Verfügung.